Leuuwarden 2025

31 . Mai 2025

Der wohl längste Ruder- Marathon Europas führt durch elf idyllische holländische Städtchen in der westfriesischen Tiefebene. Es geht traditionell am Wochenende nach Christi Himmelfahrt für 210 Kilometer mit dem Ruderboot durch Kanäle, Binnenseen und unter der ein oder anderen Brücke hindurch. Ruderteams aus aller Welt versuchen, die Strecke zu meistern. Vorgabe für die Kategorie „Tour“ ist, nach 24 h die Ziellinie zu überqueren. Heil ankommen ohne Loch im Boot ist in erster Linie die Hauptsache. Gerudert wird in gesteuerten Gigzweiern. Während die 3 Personen auf dem Wasser sind, fährt ein Auto mit den restlichen 9 Personen die Wechselpunkte an. Mit zwei Teams aus jeweils 12 Personen haben wir uns der Herausforderung wieder gestellt. Den größten Anteil bildeten wir vom RCS, der auch die meiste organisatorische und planerische Funktion erfüllte. Unser aller Dank gilt Franzi und Michel für deren federführende und großartige Arbeit. Tatkräftig unterstützt beim Rudern und Organisieren wurden wir von einigen Hamburger Ruderclubs und unseren Stammgästen aus Berlin. Es dürfen sich ebenfalls alle weiteren Helfenden gelobt fühlen! Eingefunden haben wir uns am Donnerstagmorgen am Vereinshaus des RCS. Geschwind wurden die letzten Gegenstände in den Mietwägen verstaut. Der Bootsanhänger wurde bereits am Mittwoch Abend geschickt beladen, ohne eine Lücke frei zu lassen. So ging es frohen Mutes auf in Richtung Holland. Die Fahrt verlief angenehm und vor der holländischen Grenze haben wir noch ein mal die Fahrzeuge vollgetankt. Auf dem Campingplatz angekommen wurde zuerst das Hauptzelt aufgerichtet, das als unser Ess- und Wohnzimmer fungierte. Bis in den Abend hinein gab es Nieselwetter, weshalb das Dach über dem Kopf willkommen war. Anschließend wurden die Schlafzelte aufgebaut und dann die Boote aufgeriggert, während sich parallel ums Essen gekümmert wurde. Die Boote mussten für die Regatta vorbereitet werden, da es gewisse Kriterien zu erfüllen galt, welche am Freitag am Ruderclub Wetterwille geprüft wurden. Dazu zählen Abdeckungen gegen Wellen, Pumpen und Positionslichter für die Erkennung bei Nacht. Zu Essen gab es Wraps zum selber Belegen mit vielen leckeren Zutaten. Gut gestärkt und mit dem ein oder anderen Feierabendgetränk legten wir uns Schlafen. Freitag. Pünktlich um 8 Uhr standen wir auf, um unter angenehm wärmenden Sonnenstrahlen das Frühstück vorzubereiten. Die Zeit nach dem Frühstück nutzten Franzi und Michel, um die diesjährigen Teamshirts zu enthüllen: ein saftiges grün als Grundfarbe mit silber reflektierendem Schriftzug. Vorne abgebildet sind die Teamnamen „The Rowing Dead“ und „I am sexy and I row it“, sowie alle Namen der Teilnehmenden. Auf der Rückseite ist die Route dargestellt, damit man spicken kann, wenn man eine Karte braucht.
Flagge zeigen in Allermöhe
Nach letzten Feinschliffen an den Booten wurden diese beim Campingplatz zu Wasser gelassen und zum Verein Wetterwille gerudert. Die anderen fuhren mit den Fahrzeugen zum Verein und bereiteten sich auf das anstehende Wechseltraining vor. Das Aus- und Einsteigen ins Boot muss geübt werden, damit es an den Wechselstellen im Verlauf der Regatta gut funktioniert. Eine Herausforderung besteht darin, das Boot mit einem langen Holzhaken abzubremsen und einzukeschern, um es dann ans Ufer zu ziehen. Zwei Personen stabilisieren darauf hin das Boot, in dem sie es an den Auslegern fest halten. Währenddessen wechselt die Bootsmannschaft mit der Landmannschaft. Sitzen die Leute gut im Boot und haben die Skulls in der Hand, stoßen die Sicherungsleute das Boot mit zwei Haken vom Ufer weg, bis es Platz zum Rudern hat. Es mussten zudem die Rollbahnen so angepasst werden, dass alle einen Platz haben, an dem sie vernünftig rudern können. Das Stemmbrett wurde im Heck für den Durchschnitt der großen Leute eingestellt und der Bug für die kleineren.
Flagge zeigen in Allermöhe
Nach erfolgreichem Wechseltraining wurden die Boote aus dem Wasser gezogen, um sie den holländischen „TÜV-Prüfern“ vorzustellen. Für die Bootsabnahme blieben ein paar Leute vor Ort, während die anderen am Campingplatz das Mittagessen vorbereiteten. Es gab Hausgemachte Fusilli, liebevoll ummantelt von einer samtigen Tomatenreduktion, begleitet von saisonalem Marktgemüse – schonend in Olivenöl sautiert und mit frischen Kräutern vollendetWer das nicht mochte, bekam halt Nudeln mit Pesto. Rechtzeitig zum Essen kamen alle zusammen und haben sich satt gegessen. Was übrig blieb, haben wir als Rationen in Brotdosen aufgeteilt, sowie die übrig gebliebenen Frühstücksbrote geschmiert für den Verzehr während der Regatta. Mit gefülltem Magen machten wir uns gegen Abend auf den Weg, die Boote ins Wasser zu setzen, damit diese zum Start gerudert werden können. Die Autos fuhren anschließend zum rund 5 km entfernten Start, um die Boote anzufeuern.
Gestartet wird alle 30 Sekunden. Das Team „The Rowing Dead“ startete von Position 45 und „I am sexy and I row it“ von Platz 94. Insgesamt gab es 98 teilnehmende Teams. Nachdem wir die Boote jubelnd von der Startlinie verabschiedeten, machten wir uns auf den Weg zur ersten Wechselstelle. Die Herausforderung an dieser Stelle ist die recht hohe Böschungsmauer. Man darf das heran sausende Boot nicht in einem zu steilen Winkel mit dem Holzhaken abbremsen, da es sonst in Schieflage gerät. Ebenfalls befindet sich die Wechselstelle in einem privaten Vorgarten. Die Hausherrin ist die dutzenden Ruderteams, die jedes Jahr in ihrem Garten stehen zwar gewöhnt, war dies mal allerdings ein klein wenig verärgert, dass die ersten Teams nicht bei ihr geklingelt haben und sie informiert haben, dass gleich der Ansturm los geht. Mit Versprechen auf einen Prosecco im kommenden Jahr war die Stimmung aber sofort aufgeheitert. Weiter ging es zu den nächsten Wechselstellen bis zur Dämmerung. Die ersten engen Brücken wurden durchfahren. Je nach Breite und Höhe muss sich die gesamte Mannschaft ins Boot legen, um sich nicht den Kopf zu stoßen und die Skulls lang machen, um sie nicht abzubrechen. „The Rowing Dead“ startete mit einigen Leeuwarden-Neulingen und ein paar alten Hasen. Das Thema Bootsschäden haben wir mit einer verbogenen und einer lockeren Dolle zum Glück schon vor dem Start abgehakt und die „Orca“ vom Wilhelmsburger Ruderclub leistete uns gute Dienste. Die Stimmung in Bus und Boot war von Beginn an super und so begann Ansgar bereits in der Startetappe auf dem Bugplatz damit, jedes überholte Boot laut zu zählen. Auch das weitere Rennen verlief problemlos und Hindernisse wie Nebel, Dunkelheit und Engstellen konnten den „Rowing Dead“ nichts anhaben. Es wurde sowohl in eingespielten Zweierteams gerudert, als auch Neues ausprobiert und für gut befunden. Auch wenn die „magische Grenze“ von 20 Stunden etwas überschritten wurde, freuen wir uns über eine erfolgreiche Regatta und planen schon für das kommende Jahr.
Eine Stempelstelle, an der kontrolliert wird, ob das Boot auch wirklich die vorgesehene Strecke fährt, befindet sich im Städtchen Dokkum. Hier ist die Besonderheit, dass unter einer Brücke auf dem Hin- und Rückweg durchgefahren wird. Teilweise muss bei zu viel Andrang ein geregelter Einbahnstraßen-Verkehr umgesetzt werden, der von Personen mit Warnwesten und Leuchtkegel auf der Brücke durchgeführt wird. Mit dieser Verkehrsberuhigung konnte ein hinter dem Sexy- Boot fahrendes Team nicht umgehen und ist uns gleich zwei mal ins Heck hinein gefahren. Zum Glück gab es keinen Schaden. Dennoch war die Motivation geschaffen, dieses Team hinter uns zu lassen, weshalb die Bootsnummer 89 einen guten Vergleichsmarker dargestellt hat. In manchen Etappen haben sie uns überholt und vice versa. So ruderten wir uns solide durch Nacht und Nebel. Teilweise waren nur wenige Meter Sichtweite vorhanden, was das Steuern ungemein schwierig machte. Mit Anbruch des Tages war das Steuern und Rudern wieder angenehm, auch wenn die vielen Etappen schon langsam in den Knochen zu spüren waren. So arbeiteten wir uns in beiden Teams Stück für Stück an die Ziellinie heran. Nach 20 Stunden und 21 min erreichte „The Rowing Dead“ das Ziel und sicherte sich damit den Platz 17 in der Gesamtwertung. Sie haben es geschafft, 28 Boote hinter sich zu lassen. Das Team „I am sexy and I row it“ ruderte sich an 49 Booten vorbei auf Platz 45 nach einer Zeit von 21 Stunden und 49 min. In der gewichteten Kategorie „Tour“ bedeutet das für die Rowing-Deads Platz 3 und für die Sexys Platz 20 von 58. Unseren Rivalen mit Startnummer 89 haben wir natürlich nicht mehr vorbei gelassen und sie durften sich mit Platz 55 vergnügen. Im Ziel gab es für jedes Team erst ein mal ein Stück Kuchen mit geschmeckten 1.000 Kalorien, womit man bestimmt gut Häuser bauen könnte. Sehr lecker! Ebenfalls durften alle Teilnehmenden ihre Medaille entgegen nehmen, die aller Welt zeigt: Wir können als Team eine gewaltige Regatta bewältigen! Ihren zeitlichen Vorsprung nutzte das erste Team, um deren Boot größtenteils abzuriggern und später beide Boote zusammen zum Campingplatz zurück zu rudern. Das sehr erschöpfte Team 2 freute sich. Nach letzten zu erledigenden Aufgaben trafen wir uns alle gemeinsam beim Ruderverein Wetterwille, wo es ein leckeres Abendessen gab. Die Grundlage für ein schnelles Einschlafen war geschaffen und so legten wir uns erschöpft und glücklich in die Zelte. Der Abreisetag wurde erneut von Sonnenstrahlen eingeleitet und das Abbauen und Aufräumen lief gut eingespielt. Der Bootsanhänger, sowie die Autos wurden vollgeladen und unsere beiden Boote festgezurrt. Die Gelegenheit, in unserem „oranje“ Nachbarland zu sein wurde genutzt, um sich mit der ein oder anderen lokalen Spezialität aus dem Einkaufsladen einzudecken. Anschließend ging es zur nächsten Möglichkeit, irgend etwas Frittiertes zu essen, worin die Holländer über eine herausragende Expertise verfügen. Der traditionelle Frikkandel-Katamaran war für die ein oder anderen ein tolles Mittagessen. Superlekker! Eet smakelijk!
Gut gestärkt machten wir uns auf den Weg zum RCS. Die Fahrt verlief wieder angenehm mit munterer Stimmung. Im Handumdrehen waren die Fahrzeuge am Verein entladen und wir im Anschluss auf den Weg zur heimischen Dusche und ins wohlverdiente Bett. Bis zum nächsten mal!

Geschrieben von Philipp